Syrien-Demo: Politische Analphabeten?

Klare Ansage vor der Russische Botschaft. Foto: LyrAg
Klare Ansage vor der Russischen Botschaft.
Foto: LyrAg

Berlin, 7.12.2016/ol – Fünfzig Demonstranten waren angemeldet, nach inoffiziellen Schätzungen der Polizei waren 350 – 400 Frauen und Männer dem Aufruf prominenter Schriftsteller zur Demo gegen das fortdauernde Morden im syrischen Aleppo vor der Russischen Botschaft in Berlin gefolgt. Zahlreiche Ex- und aktive Politiker wie Kulturschaffende wollten sich dem Aufruf offenbar nicht verschließen. Unter vielen Anderen: Ex-Präsident des Bundestages, Wolfgang Thierse (SPD); Ex-Staatsminister Bernd Neumann (CDU); Ex-MdB Werner Schulz (B90/GRÜNE), aber auch Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff.

Hakenkreuz Symbol von Verbrechen gegen  die Menschlichkeit

Verbotenes NS-Zeichen? Foto: LyrAg
Verbotenes NS-Zeichen? – Foto: LyrAg

Auch die VEREINIGUNG 17.JUNI hatte sich dem Aufruf angeschlossen und für die Demo eigens ein Protestschild kreiert. Text: „ARMENIEN AUSCHWITZ ALEPPO – WANN HÖRT DAS MORDEN AUF?“. Die Schriftzüge waren in der Form einem Hakenkreuz nachempfunden (siehe Foto). „Wir wollten unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass es keines anderen Symbols mehr bedarf, um Verbrechen gegen die Menschlichkeit und das Morden unschuldiger Menschen zu brandmarken,“ sagte der Bürgerrechtler und Schriftschöpfer Holzapfel.

Einem anwesenden Aktivisten der AntiFa gefiel diese Form des Protestes nicht. Nach einem kurzen, durchaus sachlichen Disput wandte sich dieser mit einer Anzeige an die Polizei. Darauf forderten zwei Beamte den erstaunten ehemaligen Mauerdemonstranten auf, diesen unauffällig zu folgen. Auf dem Weg zu einem Einsatzwagen wurde dem Demonstranten eröffnet, er würde „verbotene NS-Zeichen“ in der Öffentlichkeit zeigen, daher müsse das Corpus delicti beschlagnahmt werden. Alle Proteste unter Hinweis auf den klaren und unmissverständlichen Text nutzten nichts: „Das würde das Gericht klären,“ erklärte der feststellende Beamte.

Höfliche Bitte um Feststellung der Personalien - Foto: Lyrag
Höfliche Bitte um Feststellung der Personalien – Foto: Lyrag

Nun fragt sich nicht nur der einstige Protestler gegen Mauer und Stacheldraht, ob es sich hier wohlmöglich um politischen Analphabetismus handelt? Man könne auch von einem uniformierten Staatsdiener erwarten, dass dieser den Unterschied zwischen „zu Recht verbotenen NS-Zeichen“ und einem kreativen Protest erkennen könne, zumal der verwendete Text in seiner klaren Distanz zum Hakenkreuz unmissverständlich ist.

Verstoß gegen Artikel 5 des Grundgesetzes

B90/GRÜNE waren zahlreich vertreten, hier Werner Schulz (Mitte) - Foto:LyrAg
B90/GRÜNE waren zahlreich vertreten, hier Werner Schulz (Mitte) –
Foto:LyrAg

Die Vereinigung 17. Juni will nun eine Anzeige prüfen, da das Eingreifen der Polizei einem unmissverständlichen schweren Verstoß gegen den Artikel 5 des Grundgesetzes entspreche, nachdem „Jeder das Recht (hat), seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten.“ Durch die Beschlagnahme des Demo-Schildes sei ein Demonstrant auch im Falle einer späteren gerichtlichen Freigabe an der Ausübung seines Demonstrationsrechtes „unwiderruflich“ gehindert worden. Es hätte nach Meinung von Holzapfel ausgereicht, seine Personalien zum Zwecke der Anzeigen-Prüfung festzustellen. Eine Beschlagnahme sei allein schon aufgrund des ausgewiesenen Textes unverhältnismäßig gewesen und begründe den Vorwurf der Verletzung von Grundrechten. Besonders fatal sei dies im Zentrum einer Demo, die sich gegen die Verletzung von Menschen- und Grundrechten gerichtet habe.

Anzumerken bleibt, dass pro-russische Protestler mittels eines Megaphons unter Polizeischutz die Aleppo-Demonstranten als „US-Faschisten“ diffamieren durften…

Siehe weitere Berichte

BILDhttp://www.bild.de/politik/inland/syrien-krise/putinverseteher-warum-schweigt-ihr-zu-aleppo-49205688.bild.html                                                           

DER TAGESSPIEGEL: http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/kundgebung-in-berlin-mitte-schriftsteller-demonstrieren-vor-russischer-botschaft/14945066.html   

rbbhttp://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2016/12/protest-vor-russischer-botschaft-gegen-krieg-in-aleppo.html

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – redaktion.hoheneck@gmail.com (1.190)

Veröffentlicht von redaktionhoheneckerbote

1944 im schlesischen Bad Landeck (heute Polen) geboren, in Berlin aufgewachsen. Erstes Interesse für Geschichte und Politik durch Ungarn-Aufstand 1956. 1958 Deutschlandpapier zur möglichen Lösung der "Deutschen Frage". Ab 1961 Gewaltloser Kampf gegen die (Berliner) Mauer. 1965 Verhftung durch DDR-Organe am Checkpoint Charlie nach Demo für die Freilassung politischer Gefangener in der DDR; 1966 Urteil in Ost-Berlin: 8 Jahre Zuchthaus; Oktober 1966 Freikauf. Bis 1989 weiterhin Demos an der Mauer in Berlin; am 13.08.1989 "Der Mann vom Checkpoint Charlie". Anfang der sechziger Jahre erste eigene Veröffentlichungen in Druck-Medien. Seit 2011 im Internet unter Redaktion Hohenecker Bote.

2 Kommentare zu „Syrien-Demo: Politische Analphabeten?

  1. Politische Analphabeten?
    Das Fragezeichen hinter „Analphabeten“? sehe ich als das einzig Richtige an diesem Artikel!
    Ich habe die Stadt Aleppo, durch die schon Marco Polo gewandert ist, in ihrer schönen orientalischen Einmaligkeit schon 1957 besuchen dürfen. Aleppo, das war geballtes Weltkulturerbe!
    Mit jeder explodierten Granate + Bombe fühlte ich mich persönlich ärmer – mir blutet das Herz…..
    Wenn jetzt demonstriert wird, dann sollte das aus Solidarität mit den Überlebenden und der Anerkennung gegenüber den Befreiern vom IS-Terror geschehen.
    Die Bürger von Aleppo sind von den IS Gruppierungen, manche sagen Rebellen -völlig egal-, als Schutzschilde benutzt worden!
    Medial war seit Jahren der Focus immer auf das ach so grausame Assad- Regime gerichtet.
    So langsam wird sich, so hoffe ich, beim Betrachten der Bilder mit den befreiten glücklichen Überlebenden und den Berichten zu ihren Erlebnissen unter dem Terror vielleicht eine differenzierende Haltung einstellen.
    Viele der namentlich genannten Demonstranten mussten ihre Geschichtswahrnehmung schon „überarbeiten“.

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  2. Welcher Propaganda soll man glauben oder trauen?
    https://de.sputniknews.com/panorama/20161210313710752-aleppo-zivilisten-evakuiert/
    oder gar der aus öffentlich rechtlichen Quellen?
    Schriftsteller und Kulturschaffende – welcher Kultur und mit welchen politischen Interessen eigentlich? Wie wir wissen, erhielt Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag, 13.1.2011 der Europapreis der Coudenhove-Kalergi-Stiftung verliehen. Vor Merkel erhielt Helmut Kohl 1990 diesen Preis fuer aussergewoehnlichen Einsatz fuer ein solidarisches Europa zuerkannt. In seinem 1925 erschienenen Buch „Praktischer Idealismus“ bezeichnete Kalergi die Demokratie als „ein klägliches Zwischenspiel“. Die moderne Demokratie durchschaute er als praktisches Instrument der Plutokratie:
    „Heute ist Demokratie Fassade der Plutokratie: weil die Völker nackte Plutokratie nicht dulden würden, wird ihnen die nominelle Macht überlassen, während die faktische Macht in den Händen der Plutokraten ruht. In republikanischen wie in monarchischen Demokratien sind die Staatsmänner Marionetten, die Kapitalisten Drahtzieher: sie diktieren die Richtlinien der Politik, sie beherrschen durch Ankauf der öffentlichen Meinung die Wähler, durch geschäftliche und gesellschaftliche Beziehungen die Minister. … Die Plutokratie von heute ist mächtiger als die Aristokratie von gestern: denn niemand steht über ihr als der Staat, der ihr Werkzeug und Helfershelfer ist.“ (S.39) Ihm schwebte vor, den „plutokratischen Demokratismus“ durch die Aristokratie eines neuen Geistesadels zu ersetzen, in der die verschiedenen Völker in einer „eurasisch-negroiden Zukunftsrasse“ aufgehen sollen (S. 22, 23).
    Als Verfolgter einer Diktatur stehe ich diesen Bestrebungen, als auch deren Propaganda, nicht nur äußerst skeptisch gegenüber, sondern fordere vielmehr alle mit Denkfähigkeit ausgestatteten Menschen dazu auf, die Zielrichtung samt allen Auswirkungen zu prüfen. Ist es wirklich im Sinne der politisch Verfolgten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit über Bord zu werfen? Möchten Sie gern alle eine DDR 2.0?
    https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2016/csu-politiker-kritisieren-kooperation-mit-kahane-stiftung/

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