Trauer: Verleger Detlef Stein verstorben

Berlin, 08.11.2020/cw – Das Bürgerkomitee „15.Januar“ übermittelte die traurige Nachricht: Nach schwerer Krankheit verstarb vor vier Tagen, am 4. November, der langjährige Geschäftsführer der UOKG und über Berlin hinaus bekannte Verleger Detlef Stein (1961) im Alter von 59 Jahren. Stein hinterlässt seine Frau und zwei Kinder.

Noch im August diesen Jahres hatte der gebürtige Lichtenberger dem Lichtenberg Newsletter (DER TAGESSPIEGEL) ein Interview gegeben und seinen lebenslangen Standort in seinem Heimatbezirk begründet: Dort 1961 geboren, in die Schule gegangen und aufgewachsen. Mit der Familie über die Jahrzehnte von einer Ecke Lichtenbergs in die andere gezogen. Seit Mitte der 1980-er Jahre in verschiedenen oppositionellen Gruppen tätig. 1989/90 Mitwirkung in der Bürgerrechtsbewegung um politische Freiheiten und die Durchsetzung von demokratischen Alltagsstrukturen. Als Sprecher des Neuen Forums war es für ihn wichtig, das undemokratische Gesellschaftssystem in der DDR schnellstmöglich zu überwinden. Er lebe heute mit seiner Frau Margarita und seiner zwanzigjährigen Tochter Vanessa in einer schönen Lichtenberger Altbauwohnung, unweit des Stasi-Museums, hat am gleichen Ort seine drei kleinen Verlage, die unter dem Logo der Anthea Verlagsgruppe zusammengefasst sind. Hier unterstützt ihn auch seine in Bulgarien gebürtige Frau. Der 31-jährige Sohn David lebt und arbeitet ebenfalls in Lichtenberg.

Steins erster Verlag war der Osteuropazentrum Berlin-Verlag, der 2007 gegründet wurde. Thematisch stand bei ihm die Aufarbeitung des Kommunismus der SBZ/DDR und Osteuropa im Vordergrund. Der zweite Verlag (Anthea) wurde 2011 als Verlag für Belletristik, Lyrik, Geschichte und Kultur in Berlin und Brandenburg gegründet und publiziert in verschiedenen Sprachen: Deutsch, Polnisch, Russisch, Bulgarisch und Englisch, künftig auch in Rumänisch und Albanisch. Seit Jahren habe sich das Interesse zu osteuropäischen Themen leider nicht vervielfacht, so dass diese Aufgaben eine besondere Herausforderung für ihn und sein Team darstellten. Ein dritter Verlag (Weißensee Verlag, gegr. 1997) wurde von Stein übernommen, nachdem der Geschäftsführer in den Ruhestand gegangen war.                          

In ihrem Nachruf würdigt das Bürgerkomitee den Verstorbenen, der seit 2016 Mitglied im Vorstand war: „Detlef Stein war Historiker, Verleger, Lichtenberger, Familienmensch und v.a. ein immer engagierter Bürger und Motor zivilgesellschaftlicher Aktivitäten, ob in der DDR oder in der Bundesrepublik. 1990 gehörte er zu den Mitbegründern des Neuen Forum Berlin-Lichtenberg. Bald engagierte er sich am Runden Tisch Berlin. Als Kenner Osteuropas und der osteuropäischen Literaturszene gründete er 1990 für das Neue Forum das Fachforum OSTEUROPA. Daraus entwickelte sich 1998 das Osteuropazentrum Berlin e.V., das sich mit der gesellschaftspolitischen Transformation in den postkommunistischen Ländern Ost- und Südosteuropas auseinander setzte. Nach einer Phase als Geschäftsführer der UOKG gewann er als Verlagsleiter der Anthea-Verlags-Gruppe Profil. Seit 2015 engagierte er sich für den Weiterbestand der Aufarbeitungszeitschrift Horch und Guck und den Aufarbeitungs-Verein Bürgerkomitee 15. Januar e.V..“

Mit bewundernswerter Energie habe der Verstorbene mit Hilfe seiner Ärzte jahrelang gegen seine schwere Krankheit angekämpft. „Wir alle haben mit ihm und seiner Familie gehofft und bis zum Schluss daran geglaubt, dass er es schafft. Die Kraft hat leider nicht ausgereicht,“ schreibt der Vorsitzende Christian Booß. „Die vielfältigen Aktivitäten Detlef Steins, deren Kontinuität schwer zu wahren ist, hinterlassen eine Lücke, die kaum zu füllen ist. Unser Mitgefühl und unsere Unterstützung gilt all jenen, die damit derzeit befasst sind. Insbesondere seiner Familie, seiner Frau und den zwei Kindern.“

Auch der Vorstand der Vereinigung 17. Juni 1953 zeigte sich tief bestürzt vom „unerwarteten und zu frühen Tod“ Detlef Steins. Man werde den engagierten Menschen, der auch stets auch für die Erinnerung an den Aufstand vom 17. Juni 1953 ansprechbar gewesen sei, in ehrender Erinnerung behalten. Unvergessen bleibe besonders sein Engagement als langjähriger Geschäftsführer der Union der Opferverbände (UOKG) „in besonders schweren Zeiten,“ betonte der Vereinsvorsitzende Carl-Wolfgang Holzapfel.

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Veröffentlicht von redaktionhoheneckerbote

1944 im schlesischen Bad Landeck (heute Polen) geboren, in Berlin aufgewachsen. Erstes Interesse für Geschichte und Politik durch Ungarn-Aufstand 1956. 1958 Deutschlandpapier zur möglichen Lösung der "Deutschen Frage". Ab 1961 Gewaltloser Kampf gegen die (Berliner) Mauer. 1965 Verhftung durch DDR-Organe am Checkpoint Charlie nach Demo für die Freilassung politischer Gefangener in der DDR; 1966 Urteil in Ost-Berlin: 8 Jahre Zuchthaus; Oktober 1966 Freikauf. Bis 1989 weiterhin Demos an der Mauer in Berlin; am 13.08.1989 "Der Mann vom Checkpoint Charlie". Anfang der sechziger Jahre erste eigene Veröffentlichungen in Druck-Medien. Seit 2011 im Internet unter Redaktion Hohenecker Bote.

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